MAPA
"Auf der Suche nach dem
verlorenen Sohn"
Nadja Schallenberg habe
ich Anfang der 90er kennen gelernt. Damals hatte sie ein Theaterstück
geschrieben, das sie mit einer gemeinsamen Freundin zur Aufführung brachte. Wir
freundeten uns an, verloren uns aus den Augen, sahen uns 2003 wieder. Nadja war
inzwischen operiert – eine "echte" Frau, herb – wie sie selbst sagt. Sie
erzählte mir von ihrem Sohn, den sie gern wieder sehen würde. Ich bot ihr an,
sie für ihren Sohn in einem Film zu porträtieren. Bei den Dreharbeiten arbeitete
ich mit Ulli Volant zusammen, der sich mit seinem dramaturgischen Talent beim
Schnitt hervortat. Entstanden ist MAPA (Mama-Papa): Interviews, Aufnahmen vom
Standesamt in der Stadt N., das Lehrlingswohnheim in einem ehemaligen Schloss, der
Besuch auf einem Markt mit Nadjas damaliger Freundin. Minimale Mittel. Doch die
Intensität von Nadja vor der Kamera kompensierte den gezwungenermaßen (no
budget) stringenten Einsatz filmischer Mittel. Der ca. 35-minüige Film war
bestimmt für ihren Sohn, dessen Vater sich in eine zweite Mutter verwandelt hat.
Deshalb ließen wir Nadja erzählen. Zunächst hatten wir vor, dass sie sich
direkt an den Jungen wenden sollte. Wir verzichteten darauf, um den Interviews
allgemeine Wirkung zu verleihen. Bisher wurde MAPA nur im privaten bzw. im
geschlossenen Rahmen – auf Veranstaltungen – gezeigt.
Seit der Entstehung sind
drei Jahre vergangen. Nadja hat ihren Sohn, der mittlerweile fast 20 ist, noch
nicht wieder gesehen. Es sollte nicht sein. Doch der Stoff, aus dem ihre
Familiengeschichte gewebt ist, bietet alles, was einen hochdramatischen Plot
auszeichnet.
Was wäre, wenn der in der
ostdeutschen Provinz aufgewachsene Junge sich auf die Suche nach seinen Wurzeln
begibt? Er trifft auf Nadja (MAPA), die seine Vorstellungen von Mann und Frau durcheinander
wirbelt, auf Großeltern, die sich vor der Welt in ein einsames Landhaus
geflüchtet haben, auf Stasioffiziere, die es auf das Erbe seines Urgroßvaters
Otto Nagel (in den 50ern Präsident der Akademie der Künste der DDR) abgesehen
hatten, auf eine Urgroßmutter, die mit dem Fürstengeschlecht der Trubezkoi
verwandt ist und wahrscheinlich von Richard Sorge für den illegalen Kampf
ausgebildet worden war, auf einen Urgroßvater, der zu den bedeutendsten
Künstler des 20. Jahrhunderts und einen der zu den Blutsgenossen der NSDAP
gehört hat… Egal, ob der Plot für einen Spielfilm oder einen Dokumentarfilm
Verwendung findet - er erzählt etwas von Menschen, schicksalhaften
Verwicklungen, von historischen Kataklysmen, Liebe, Leidenschaft, unschuldigen und
schuldigen Opfern, ebenso wie von Ängsten, Schamgefühlen und
Gewissenskonflikten… letztlich von dem Ringen um Vertrauen und dem Bemühen um
Verzeihen…
Die Drehorte: Mecklenburg,
Berlin, St. Petersburg…
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